Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung
Die stufenweise Wiedereingliederung ist in manchen Fällen Bestandteil des beruflichen Wiedereingliederungsmanagements (BEM). Wir betrachten ein Gerichtsurteil zu dieser Thematik genauer
Wenn ein Arbeitnehmer für längere Zeit wegen Krankheit ausfällt, dann kann der behandelnde Arzt eine stufenweise Wiedereingliederung in den alten Arbeitsplatz vorschlagen. Diese Wiedereingliederung beginnt mit wenigen Stunden pro Woche und lässt sich z.B. bis auf 5,5 Stunden täglich steigern - je nach Genesungsfortschritt.
So wird dem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben, sich wieder langsam in die Arbeit einzufinden. Gleichzeitig können alle Beteiligten (gerne auch unter Mithilfe des Integrationsfachdienstes) nach Lösungen suchen, die eine langfristige Erwerbstätigkeit des betroffenen Mitarbeiters im Betrieb ermöglichen.
Für so eine stufenweise Wiedereingliederung ist die Zustimmung des Arbeitgebers vonnöten. Er kann also auch widersprechen und verlangen dass der Mitarbeitern nach der Erkrankung sofort wieder "voll" arbeite. Das geht jedoch nicht so leicht, wenn die stufenweise Wiedereingliederung Bestandtel eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ist.
Das BEM-Verfahren selbst ist nämlich für alle Arbeitgeber verpflichtend. Aus diesem Grund konnte ein Arbeitnehmer vor dem Landesarbeitsgericht Hammerfolgreich Klagen:
URTEIL: WANN BESTEHT ANSPRUCH AUF STUFENWEISE WIEDEREINGLIEDERUNG?
Der Arbeitnehmer hat nach neuerer obergerichtlicher Rechtsprechung ggf. Anspruch auf eine stufenweise Wiedereingliederung unabhängig davon, ob schwerbehindert, behindert, oder nichtbehindert. Ein Anspruch besteht jedenfalls insoweit, als ein ordnungsgemäßer ärztlicher Wiedereingliederungsplan vorliegt und sie dem Arbeitgeber zumutbar ist. Arbeitgeber hätten ansonsten u.U. im Verweigerungsfalle mit Schadensersatzansprüchen zu rechnen nach folgender Rechtsprechung wegen "unzureichender Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements".
LEITSATZ
"Zu den gebotenen Maßnahmen des Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Die frühere Auffassung, dem Arbeitgeber stehe die Entscheidung hierüber frei, ist nach Einführung des § 84 SGB IX überholt. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 280 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 84 Abs. 2 SGB IX in Betracht." (LAG Hamm, Urteil vom 04.07.2011, 8 Sa 726/11)
Weitere Informationen zu dem Urteil fonden Sie unter: Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 726/11